Heute war ein etwas merkwürdiger Tag, der mir schon bei der Planung nicht so ganz gefallen hatte und zum Schluss dann auch mit ein paar Pleiten endete.

Als erstes gab es einen Wetterumschwung. War es gestern noch sonnig und sehr warm, hatten wir heute fast den ganzen Tag mehr oder weniger starken Regen, und die Temperaturen hatten sich in den Keller aufgemacht. Generell merkten wir, das wir jetzt doch weit nach Norden gekommen waren, mit kurzen Hosen war bis zur Rückkunft in Florida erstmal Schluss, auch Pullover und Regenjacken wurden häufiger gebraucht.

Bei der Planung hatte ich irgendwann die Fahrt von und nach Atlanta geteilt und jeweils eine Zwischenübernachtung eingebaut, um die Etappen nicht zu lang werden zu lassen. Auch sollte ein bisschen Zeit sein, sich im Süden Georgias umzuschauen. Die heutige Etappe endet damit in Macon, mehr oder weniger die einzige größere Stadt entlang des Weges. Sehenswürdigkeiten“ entlang der Strecke konnte ich dem Reiseführer aber keine entlocken.

Wir versuchen also, entlang „landschaftlich schöner“ Nebenstrecken in Richtung Macon zu fahren. Das funktioniert leider nicht so richtig. Auch wenn heutige Smartphones riesige Displays haben – zoomt man in die Karte hinein um Nebenstraßen zu erkennen geht der Überblick und die Orientierung in Richtung Ziel verloren, zoomt man hinaus um zu überprüfen ob die Richtung stimmt sieht man keine Nebenstraßen mehr. Ich kam daher auf die Idee, das es mit Papierkarten solche Probleme nicht geben würde und eröffnete die Jagd auf ebendiese. Zunächst halten wir an einer größeren Tankstelle an – erfolglos. Dann stoppen wir bei einem Walmart, dort gibt es sogar eine Bücherabteilung, und als Spontankauf verliessen wir mit einem Kalender für 4,95 Dollar den Laden – Karten hatten wir wieder nicht gefunden. Danach gaben wir es dann auf und fuhren ziemlich gerade in Richtung Macon.

Eine „Scenic Road“ im Südwesten Georgias. Die GA126 kurz vor Alamo

Und so sehen die Orte hier aus: „Downtown“ Alamo. Wir faheren auf der Commerce Street und kreuzen die Main Street

Irgendwann kam die Frage der Mittagspause auf und wir entschieden uns für Dublin, ein etwas größeres Örtchen auf dem Wege. Dort sind die Straßen im Innenstadtbereich alle nach Präsidenten benannt, und wir waren genauso schnell aus dem Ort wieder draussen wie wir hineingekommen waren, ohne ausser leeren Läden und Ruinen viel gesehen zu haben. Wir haben dann doch auf der Jefferson Street gehalten und uns umgesehen.

Erhaltene historische Gebäude, leider zum Teil leerstehend, gegenüber unseres Parkplatzes
Das grösste, schönste und höchste Gebäude wurde 1913 für die First National Bank erbaut. 2015 wurde es restauriert.
Die andere Seite ist nicht ganz so prachtvoll
Der Laden gegenüber
Die meisten Straßenzüge sehen nicht so prächtig aus: Die Madison Street Richtung Westen

In der restaurierten Ecke der Innenstadt fanden wir dann doch noch ein Restaurant. „Company Supply“ hielt es, und aufgrund des Namens hatten wir es erst für irgendeinen Laden gehalten. Drinnen war es recht gemütlich und auch das Essen recht gut.

„Company Supply“

Als touristisches Ziel des Tages muss dann Milledgeville herhalten. Eigentlich sind wir damit übers Ziel hinausgeschossen, denn dieser Ort liegt einige Meilen nordöstlich Macons.

Das Örtchen war die Hauptstadt Georgias von 1804 bis 1864 und hat heutzutage immerhin gut 18.000 Einwohner. Die Innenstadt zeichnet sich durch eine große Anzahl Gebäude im „Antebellum“ Look, auch „Greek Revival“ gennant, aus. Des Weiteren ist die Stadt Sitz der Georgia College & State University mit ca. 7.000 Stunden und viele der historischen Gebäude werden von der Universität genutzt und sind von ihr auch renoviert worden. Der Campus grenzt direkt an die Innenstadt.

Um 14:30 Uhr parken wir also auf der South Wayne Street und machen uns zu Fuß bei ziemlich unentschiedenem Wetter auf einen kleinen Rundgang:

Dieses Gebäude steht an der Ecke Green Street/Wilkinson Street
Die griechischen Säulen sind ein Kernelement dieses Architekturstils
Etwas Weiter an der Ecke Green Street/Liberty Street
Bekanntestes Gebäude in Milledgeville ist das Old Governor’s Mansion von 1839,heute ein Museum. Es gilt als eines der besten Beispiele für die ‚Greek Revival‘ Architektur im Süden. Die Seitenansicht ist allerdings eher schlicht.
Wesentlich prächtiger ist die Frontseite
Eine etwas veränderte Perspektive ergibt so langsam ein gutes Bild
Das Department of Art des Georgia College residiert in der Ennis Hall von 1920
Das Student Activity Center, 1913 als First United Methodist Church erbaut.
Dasa Gerichtsgebäude an der Wilkinson Street ist neu und wurde 1997 fertiggestellt
Die Hancock Street östlich der Wilkinson Street
Das ‚Campus Theatre‘ Kino von 1935 ist ein Musterbeispiel für ein Kleinstadtkino, innen findet sich jetzt ein Buchladen
Der Eingang des  Campus Theatre
Die andere Straßenseite
Freimaurer Logen sehen wir häufiger. Der eher unscheinbare Eingang der Lodge in Milledgeville in einem Backsteinbau von 1882
Ecke Wanye Street/Hancock Street
Die First Presbyterian Church an der Ecke Green Street/Wayne Street

Damit sind wir wieder am Auto und machen uns auf zu unserem Hotel in Macon. Das liegt im Westen der Stadt, wir kommen zunächst durch die Innenstadt, haben aber keine Lust mehr sie zu besichtigen. Das wollen wir morgen früh tun. Stattdessen wollen wir einen Waschtag einlegen, das Hotel soll eine ‚Coin Laundry“ haben.

Und jetzt nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Um 16:15 Uhr, also nicht extrem früh, sind wir am Hotel. Und würde ich es auf  Tripadvisor bewerten, wäre es eine der berühmten „Ich habe einen Stern vergeben, aber nur weil Null Sterne nicht geht ….“ Rezensionen.

Beim Check ob es eine Laundry gibt hatte ich gestern Abend gesehen, das das Hotel gerade renoviert wird. Informiert wurde ich vom Hotel darüber nicht. Beim Check In sieht noch alles bestens aus „You get a newly renovated room on the 3rd Floor“ heisst es, und auch die Lage der Laundry wird uns beschrieben und für 1 Dollar ein Päckchen Waschpulver verkauft. Auf dem Zimmer angekommen, kann ich noch das Bad benutzen, Stephan kann sich schon nicht mehr die Hände waschen, denn es gibt kein Wasser mehr. Bis 18:00 Uhr sei die Wasserversorgung abgestellt erfahren wi , als wir an der Rezeption nachfragen. Eine e-mail vorher würde ich für angebracht halten, spätestens beim Check In hätte uns dies gesagt werden müssen.

Wir suchen dann noch den Laundry Room und finden ihn auch, er ist mit Baumaterial vollgestopft und unbenutzbar. Es gibt dann mal für fünf Minuten Wasser, aber im Prinzip ist das Zimmer unbenutzbar, nicht mal auf die Toilette gehen können wir.

„Was machen wir?“ ist die große Frage, und wir beantworten sie so wie üblich wenn man nicht weiss was man tun soll: Wir gehen Shoppen.

Dazu fahren wir zur „Macon Mall“. Die liegt zwischen Hotel und Innenstadt. Ich hatte sie bereits bei der Fahrt zum Hotel gesehen und war etwas verwundert über die geringe Zahl Autos die dort parkten. Als wir jetzt auf den Parkplatz einbogen, fühlte sich eine Schar Wildgänse gestört und die direkt am nächstgelegenen Eingang befindlichen Parkplätze waren für den Sheriff reserviert. Den Grund dafür erfuhren wir dann als wir durch die Tür in der Mall waren. Die Macon Mall ist mehr oder weniger tot, vermutlich 90 Prozent der Läden stehen leer. Neben den Büros des Sheriff gibt es ein Rekrutierungsbüro der Army, ansonsten nur lange, leere Gänge. Grossformatige historische Fotos und patriotische Sprüche verdecken die Eingänge der Läden. Einige Wenige gibt es noch, unter anderem eine Filliale von Macy’s, die sich allerdings der Trostlosigkeit der Mall angepasst hatte, Einkaufen wollten wir dort nicht (Die Schliessung dieser Filliale gab Macy’s dann im Dezember bekannt, noch bevor sie im Februar eine große Schliessungswelle  von 125 Läden in den ganzen USA bekanntgaben).

Mit Shopping war also auch nichts.

Impressionen aus der Macon Mall:

Der Food Court in der Mall sah genauso trostlos aus wie der Rest, irgendwie landeten wir bei einem Imbiss namens McAlister’s Deli, auch völlig leer, wo wir uns zwei Softdrinks leisteten und überlegten, wo wir jetzt zum Abendessen hin sollten.

Ich fand ein Restaurant namens Michael’s in Downtown, das eigentlich gute Kritiken hatte. Auf der Mulberry Street gab es eine freie Parkuhr für uns, als wir dann aber durch die Tür ins Restaurant schauten, sahen wir darin nicht einen einzigen Gast, sondern nur die Bedienung, die im hinteren Bereich an  einem Tisch saß und aß – und uns zuwinkte. Da als Öffnungszeit in der Tür ‚ab 7 Uhr‘ angegeben war, dachten wir, wir wären zu früh und zogen wieder ab (Wir waren übrigens nicht zu früh, wie wir am nächsten Morgen merkten war 7 Uhr morgens gemeint, dann versucht man mit Frühstück Geld zu machen. Aber einziger Gast in einem Restaurant möchte ich sowieso nicht sein.)

Wir machen nun einen Rundgang um den Block und es gibt in Downtown Macon schon einige Restaurants und Bars, die uns zum Teil aber etwas zu rustikal vorkamen. Letztendlich landen wir bei ‚Oliver’s Corner Bistro‘ an der Ecke 2nd Street/Poplar Street. Ich hatte gegrillten Lachs und Stephan ein Steak. Das Essen war recht gut, der Service aber mit zumindest einem gröberen Schnitzer. Stephan wurde, noch mit dem Hauptgang beschäftigt und gerade an einem Bissen kauend, gefragt, ob er Dessert haben möchte.

Nach dem Essen ging es dann zum Hotel zurück. Um 20:15 Uhr waren wir wieder da und wurden an der Rezeption freudig begrüsst mit der Neuigkeit, das die Wasseversorgung wieder funktionieren würde. Für unsere Unannehmlichkeiten erstatte man uns den Dollar fürs Waschpulver. Ich hab’s glaub ich geschafft „Thank You“ zu sagen.

Den Rest des Abends haben wir es uns dann auf dem Zimmer gemütlich gemacht, das ging soweit ganz gut, obwohl, ein paar Überraschungen hielt das Hotel noch für uns bereit, darüber mehr Morgen.

Dies war der erste Tag mit längerer Fahrstrecke, gefahren sind wir 252 Meilen.